Idee des Denkmals

Für die Recherchen zur Geschichte der „Arisierung“ der Spiegelfabrik wurde im Archiv der Stadt Fürth und im Staatsarchiv umfangreiches Material gesichtet. Von besonderem Wert waren in diesem Zusammenhang auch die Gespräche mit Carole Meyers, eine Nachfahrin des Fabrikbesitzers Joseph Midas, die wichtige Informationen und eine Reihe von aufschlussreichen Dokumenten beigesteuert hat. Nach Abschluss der Recherchen stellte sich die Frage, in welcher Form an das begangene Unrecht erinnert werden soll. Folgende Überlegungen spielten dabei eine wichtige Rolle:

  • Das Denkmal“ muss einen klaren Bezug zu der Geschichte der „Spiegelfabrik“ haben und an das an ihren Besitzern begangene Verbrechen erinnern.
  • Die „Arisierung“ der „Spiegelfabrik“ soll in den Gesamtzusammenhang der Geschichte der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung Fürths zwischen 1933 und 1945 gestellt werden.
  • Aus den Verbrechen in der Vergangenheit ergibt sich als klarer Auftrag für die Gegenwart und Zukunft, das entschiedene Eintreten gegen Rassismus und Antisemitismus.

Der Erinnerungsort wurde in Umsetzung dieser Leitideen im Einzelnen wie folgt gestaltet:

Eine Gedenktafel erinnert an die „Arisierung“ der Spiegelfabrik und an das Unrecht, das der deutsch-jüdischen Familie Midas angetan wurde.

Ein an der Gedenktafel angebrachter QR-Code führt zu einer Internet-Seite, auf der die genaueren Hintergründe und weitere Einzelheiten nachzulesen sind.

Als sichtbares Zeichen unserer Verantwortung angesichts der Verbrechen der NS-Diktatur und der aktuellen Umtriebe von Nazis und Rassisten wird unter der Gedenktafel eine Bank aufgestellt, die unser Eintreten gegen Rassismus und Antisemitismus durch ihre besondere Form versinnbildlichen soll.

Nur ein Teil der Bank kann als solche genutzt werden, denn die Sitzfläche ist an einer Stelle ausgespart und transportiert die klare Botschaft, die auch auf der Lehne nachzulesen ist: „Kein Platz für Rassismus und Antisemitismus“.

Die Sitzbank wird gebaut aus dem Holz der Birken, die einstmals von Rudolf Benario und Ernst Goldmann an der Rednitz gepflanzt wurden. Die Studenten waren im Kanuverein Fürth aktiv und pflanzten im Jahr 1930 anlässlich der Einweihung des neuen Bootshauses die Bäume an der Uferpromenade. Hier standen sie und erinnerten an die beiden jungen Kommunisten aus jüdischem Elternhaus. Benario und Goldmann wurden im März 1933 von den Nazis verhaftet und am 12. April 1933 als erste Fürther Opfer des Naziterrors im KZ Dachau hinterrücks ermordet. Zu ihren Ehren findet seit 2007 jedes Jahr am 12. April eine Gedenkveranstaltung an der Uferpromenade in Fürth statt.

2018 wurden diese Birken von Nazis so angesägt, dass sie 2019 gefällt werden mussten. Einige der Baumstämme wurden gesichert und dienten als Baumaterial für die aufgestellte Bank. Sie soll aufzeigen, dass es auch heute Nazis, Rassisten und Antisemiten gibt, die sich eine Zeit wie 1933 -1945 zurückwünschen und deshalb Anschläge und sogar Morde begehen. Der feige Anschlag auf die Birken an der Fürther Uferpromenade ist Ausdruck einer solchen Gesinnung.

Wenn alle Zeitzeugen und Überlebenden des Holocausts gestorben sind und ihre eindrücklichen Berichte aus erster Hand fehlen, wenn der zeitliche Abstand zur NS-Zeit immer größer wird, ist die Gefahr groß, dass das Wissen darüber zunehmend kleiner wird und die Ungeheuerlichkeit der Verbrechen verblasst.

Wir fühlen uns einer aktiven Erinnerungskultur verpflichtet, die neben dem Gedenken und Erinnern stets im Blick hat, dass die Gesinnung, die den NS-Terror möglich gemacht hat, noch immer verbreitet ist und bekämpft werden muss. In diesem Sinne wünschen wir uns, ein „lebendiges“ Denkmal, das nicht, einmal eingeweiht einfach nur existiert, sondern eines, das in der Stadtgesellschaft verankert ist und Impulse zum Nachdenken und zur Weiterarbeit bietet.

Die Bank soll ein Ort der Begegnung für die Bewohnerschaft der „Spiegelfabrik“ sein und, zentral neben dem Quartiersbüro aufgestellt, auch Menschen aus dem Stadtteil anziehen. Schön, wenn sie nicht nur zum Sitzen einlädt, sondern auch ein wenig zum Nachdenken, wenn die Kinder fragen, warum die Bank so eine komische Form hat und was denn „Arisierung“ oder „Antisemitismus“ bedeuten!

Als “lebendiges“ Denkmal soll es z. B. in die Stadtführungen zum Thema „jüdisches Leben“ in Fürth aufgenommen werden. Denkbar wäre auch eine Kooperation mit benachbarten Schulen z.B. dem Helene-Lange-Gymnasium, um an der „Spiegelfabrik“ exemplarisch und unter lokaler Perspektive, das Thema „Arisierung“ in den Geschichtsunterricht zu integrieren.

Unser Erinnerungsort ist neben anderen ein Mosaiksteinchen in der Aufarbeitung der Fürther NS-Geschichte. Auch wenn in den letzten Jahren einiges an Recherche betrieben, sich vieles klarer darstellt als noch vor einigen Jahren und dem Vergessen entrissen wurde, verbleiben etliche blinde Flecken. Es wäre wünschenswert, wenn, angeregt durch unser Beispiel, die Aufarbeitung weiter vorangeht. Auch in diesem Sinne soll dieses Denkmal ein lebendiges sein.